Wir starten unseren Hausbooturlaub am 21. September in den frühen Morgenstunden mit der Tyrolean Air, welche uns und unsere langjährigen Freunde Regina und Gerald in erster Etappe nach Paris bringt. Von dort geht es weiter per Air France in die südfranzösische Stadt Montpellier, wo wir nach einer guten Flugstunde nachmittags gegen 15 Uhr landen. Bereits im Landeanflug können wir erstmals den Golf von Lyon sowie den Étang de Thau, einen See mit großer ökologischer Vielfalt entlang des Kanals erkennen. Per Auto-Transfer machen wir vier uns auf den Weg Richtung Küste und erreichen nach einer Stunde Fahrzeit durch eine liebliche Landschaft den malerischen Ort St. Gilles in der Camargue, direkt am Canal du Rhône à Sète (parallel zum Meer verlaufend) gelegen, welcher unseren Ausgangspunkt bildet. Bienvenue en France – willkommen in Frankreich!
Am Canal du Rhône à Sète
Unterwegs decken wir uns noch an einem der örtlichen Märkte mit Obst, Gemüse, Eiern, Kräutern, Honig, Marmelade und Bordwein ein, ehe wir an Bord unseres bei der Agentur „le boat“ gecharterten Hausbootes gehen. „CONSUL 20“ – 10,30m lang, 3,30m breit, zwei Kabinen, Küche, Salon und Innensteuerstand – wird für die kommende Woche unser Zuhause sein. Das hintere Sonnendeck beinhaltet des Weiteren den Außensteuerstand sowie Sitzmöglichkeiten für alle. Es folgt eine kurze Einschulung am Boot seitens der Agentur – für Skipper Chris sowie zwei weitere Segelboot-Erfahrene Routinesache – sowie eine Besprechung der Route. Wir haben uns für die „Flamingo-Tour“ entschieden – 98 km lang, zwei Schleusen, etwa 20 Stunden reine Fahrtzeit – welche uns entlang des Kanals über den See von Thau durch ein Vogelschutzgebiet bis nach Port Cassafières führen wird. Da es sich um unseren ersten Hausbooturlaub handelt, haben wir für den Anfang eine beschauliche Route gewählt. Während sich Regina und Gerald in der Heckkabine samt eigenem Sanitärbereich häuslich einrichten, beziehen wir unsere Kabine im Bug des Hausbootes. Abends speisen wir bei angenehm spätsommerlichen Temperaturen im Restaurant „Chez Toni“ mit Blick auf den Kanal.
22. September: Bonjour! Guten Morgen! In der Früh bin ich die Erste an Deck und so mache ich mich auf den Weg in die Ortschaft, wo heute ein Bauernmarkt stattfindet. Ich erstehe Baguettes und frische Croissants, während ich meine noch vorhandenen schulischen Französischkenntnisse aktiviere und danach wieder zum Hausboot zurückkehre, wo wir alle an Deck mit Kaffee und Tee ausgiebig frühstücken und gemütlich den Tag beginnen. Gestärkt erkunden wir alle zusammen St. Gilles mit seiner berühmten Abteikirche und bummeln über den Markt zurück zum Boot. Danach heißt es dann „Leinen los“ – unserem Hausbootvergnügen steht nichts mehr im Wege. Entspannt gleiten wir bei etwa 8 km/h entlang des Kanals Richtung nächstem Ziel Aigues Mortes. Ich freue mich auf erholsame Tage an Bord, es erwartet uns ein beschauliches Reisen am Wasser, während die Landschaft idyllisch an uns vorüberzieht. Genau das Richtige für meinen hochseeuntauglichen, eher empfindlichen Magen. Aber die Gefahr in Seenot zu geraten wird sich in dieser Woche ohnehin nicht ergeben. Unterwegs begegnen uns andere Haus- bzw. Fischerboote, die den Kanal entlangfahren. Es ist bereits Nachsaison und die Uhren gehen hier noch eindeutig langsamer.
Allseits grasende weiße Pferde, Radfahrer und Angler, Reis- und Lavendelfelder sowie Weingüter säumen die Ufer, während wir zu französischen Chansons von Jacques Brel, Edith Piaf sowie Georg Danzers „weißen Pferden“ durch eine zauberhafte Landschaft schippern. Santé – ein Gläschen „vin rouge“ auf die Gemütlichkeit und einen schönen Urlaub! Zwischendurch sorgt eine Panne für unerwartete Abwechslung an Bord. Der Gashebel des Außensteuerstandes streikt. Für unsere technisch versierten Männer jedoch kein Problem. Im Nu ist der Mangel behoben, das Hausboot wieder startklar gemacht und das Abenteuer kann weitergehen. Abends laufen wir im Hafen von Aigues Mortes ein. Schon von weitem ist der größte Turm – Tour Constance – des gewaltigen mittelalterlichen Forts sichtbar, welcher einst als Gefängnis berüchtigt war. Der Gesamtbau – schachbrettartig und mit 14 Türmen angelegt – wurde 1240 von König Ludwig IX. geplant und als Basis der Kreuzzüge gebaut. Vor der Kulisse eines wunderbaren Sonnenunterganges speisen wir an Deck zu Abend, ehe wir danach zu einem Spaziergang in die romantisch beleuchtete Stadt aufbrechen, uns gedanklich in die mittelalterliche Zeit und Lebensweise zurückversetzen und durch enge Gässchen flanieren.
23. September: Morgens verschlägt es mich nochmals in die Stadt, welche heute zu Wochenbeginn bereits zu regem Leben erwacht ist. Die obligatorischen Baguettes beim Bäcker sind rasch besorgt, zwischendurch gönne ich mir in einen „café au lait“, statte der Kirche nochmals einen Besuch ab und lasse mich erneut vom mittelalterlichen Flair – diesmal bei Tageslicht – verzaubern. Zum Hausboot zurückgekehrt, haben Chris und unsere Freunde schon alles Weitere für ein gemütliches Frühstück an Bord vorbereitet. Es mangelt uns an nichts – sogar das Tischtuch ist in maritimem Blau gehalten – und wir tafeln wahrlich „wie Gott in Frankreich“. Danach flanieren alle nochmals durch Aigues Mortes, wörtlich die Stadt der „toten Wasser“, gelegen in der flachen Küstenlandschaft in Meeresnähe. CONSUL 20 nimmt wieder Fahrt auf, wir tuckern weiter am Rhone-Sète-Kanal entlang des Étang de l‘Or und nutzen nachmittags das prächtige Spätsommerwetter zu einem Zwischenstopp in Carnon-Plage, wo wir zum 9 km langen Sandstrand spazieren und uns im Meer erfrischen. Auch hier erwartet uns beschauliche Ruhe – der hochsommerliche Andrang ist längst vorüber! Abends geht die Fahrt durch das Languedoc weiter zwischen Étang du Prevost (Strandsee) und dem Meer, wo wir am Ufer neben weiteren Hausbooten einen idyllischen Platz für die nächste Nächtigung finden. Während wir an Deck Teigwaren und Tomatenpasta samt Kräutern speisen, wird der Abend durch einen zusätzlichen wahrlichen Bilderbuch-Sonnenuntergang untermalt.
24. September: Nach Reginas Morgenlauf und dem Frühstück steht heute ein Ausflug zur zwischen Seen und Salzfeldern auf einer kleinen Insel gelegenen romanischen Kathedrale von Maguelone auf dem Programm. Sie bildet den einzigen Überrest des im Jahre 1622 auf Befehl von Richelieu zerstörten Ortes Maguelone. Während wir wieder zum Boot zurückkehren, sichten wir bereits Rosaflamingo-Kolonien. „Man trägt wieder Pink“ – ganze Schwärme dieser grazilen Vögel zu Wasser und in die Lüfte aufsteigend. CONSUL 20 nimmt erneut Fahrt auf und wir tuckern gemütlich weiter westwärts. Eine friedvolle Landschaft breitet sich an beiden Ufern des Kanals aus, kaum verbaut, nur vereinzelt sehen wir Anwesen, umgeben von Lavendel-, Gemüse- und Weinfeldern. Und wiederum: weiße Pferde! Die edlen Tiere faszinieren mich sehr. Als nächstes Ziel steuern wir Frontignan an, eine Stadt, welche für ihren Muskatwein weltweit berühmt ist.
Wir passieren die Brücke von Frontignan, welche zweimal pro Tag für die Durchfahrt der Boote gehoben wird, legen im Zentrum der Stadt, von Hausbooturlaubern noch zahlreich besucht, an einem der Hafenpoller an – hier werden wir auch die Nacht verbringen – und starten nachmittags zur Erkundung derselben. Rathaus und Kathedrale stehen unter anderem auf unserem Programm, zwischendurch flanieren wir durch idyllische Gässchen mit blumenumrankten Hausfassaden und schmiedeeisernen Laternen. Zu Lande und auch am Wasser ergeben sich laufend lohnende Fotomotive. Unsere Obst-, Gemüse-, Käse- und Weinvorräte an Bord füllen wir ebenso auf. Auf Empfehlung der örtlichen Touristeninfo verschlägt es uns abends nach längerem Spaziergang zu einem gemütlichen kleinen Restaurant am Meer. Der Chef des Hauses serviert persönlich köstliche Fischspezialitäten nebst leckeren Desserts. Und dazu natürlich ein Gläschen edlen Weines. Ein zauberhafter Abend, romantische Musik, tolle Stimmung, angenehm laues Wetter. Na dann: Bon appétit!
Durch den Étang de Thau
Am 25. September geht unsere Reise geht weiter, wir verlassen die Stadt in Richtung Étang de Thau, dem größten See des Languedoc – 7.500 ha groß, ein wahres Paradies für Fische, Pflanzen und Vögel – mit seinen zahlreichen Austernbänken, während uns laufend Möwen, Flamingos, Reiher und Haubentaucher begleiten. In der Ferne erblicken wir die Stadt Sète – zwischen See und Meer gelegen – den größten französischen Fischereihafen am Mittelmeer und Geburtsstadt des Chansonniers Georges Brassens. Danach nehmen wir Kurs auf die Stadt Mèze, neben Bouzigues, Marseillan, Sète und Loupian eine der fünf Gemeinden am See, laufen im Hafen ein und gehen an Land.
Wir genießen die Ruhe und Beschaulichkeit in einem idyllischen Café am Wasser und erkunden Hauptplatz, Rathaus und die Kirche Saint Hilaire. Abends verwöhnt uns diesmal „Chef de cuisine“ Chris mit Couscous und Gemüse, Baguette sowie würzigem Käse. Der Tisch ist wiederum hübsch gedeckt, das Tischtuch in maritimem bleu kommt erneut zu Ehren und Reginas frisch gepflückte Wiesenblumen schmücken ebenso die Tafel. Während die Sonne im Meer versinkt, wird eine Flasche edlen Weines, diesmal „Picpaul“ geöffnet – Santé!
26. September: Nach dem Frühstück an Bord (und Reginas Morgenlauf) verschlägt es uns erneut in die Stadt, wo heute ein Markt stattfindet. Bunt ist das dortige Treiben und zahlreich die Palette an angebotenen Waren, frischem Obst und Gemüse, eine reichliche Auswahl an Fisch können wir zusätzlich in der Markthalle aus dem frühen 20. Jh. bestaunen. Regina und ich erstehen je ein Paar neue Schuhe, während sich Chris mit leckeren Curry-Hühnerspießen stärkt und Gerald Ausschau nach einer Bäckerei hält. Es bleibt noch genug Zeit für eine Kaffeepause mitsamt leckeren süßen Köstlichkeiten neben einem bunten Ringelspiel mit Musik. Wir versorgen uns mit Käse, Nüssen und Oliven, flanieren zurück Richtung Wasser und legen ab. Erneut heißt es Leinen los und Fahrt aufnehmen. Am See queren vereinzelt Fischerboote und Segelschiffe, wir erblicken Austernbänke und einen Leuchtturm und steuern Richtung nächstem Ziel.
Ein kurzes Stück am Canal du Midi
Schön langsam verlassen wir den Étang de Thau. CONSUL 20 fährt nun in den „Canal du Midi“ ein, eine alte Wasserstraße, welche hier ihren Anfang nimmt und in Toulouse endet. Einen kleinen Teil dieses Kanals, und zwar bis Port Cassafières werden wir heute und morgen noch erkunden. Den überwiegenden Teil mit einer Vielzahl an Schleusen heben wir uns für einen nächsten Hausbooturlaub auf. Ganz sicherlich wird es uns erneut in diese liebliche Gegend verschlagen! Zu beiden Seiten des Kanals ankern Boote, an Land erstrecken sich Wiesen, Lavendelfelder, Weingärten und wiederum: weiße Pferde am Ufer, während an Bord Georg Danzers Lied erklingt. Das Leben ist schön! Auch wir werden vom „Savoir à vivre“, dieser speziellen Leichtigkeit des Lebens hier erfasst. Unsere nachfolgende erste Schleusendurchfahrt absolvieren wir unter „Käpt‘n Chris“ souverän. Regina und Gerald sind als erfahrene Segler in der Handhabung der Leinen schon bestens erfahren, während ich die ehrenvolle Aufgabe übernehme an Land zu gehen und das ganze Schleusenmanöver mit dem Fotoapparat zu verewigen.
Nach vollbrachter Tat legen wir nach kurzer Fahrtzeit mitten in der Natur an einem romantischen Plätzchen am Ufer an und Regina verwöhnt uns diesmal kulinarisch mit einem köstlichen Eintopf aus Kartoffeln, Fisolen, Tomaten, Zwiebeln und: herbes de la Provence. Die obligatorischen Kräuter der Provence dürfen da natürlich nicht fehlen. Es schmeckt vorzüglich und mangelt in der Tat an nichts. Erneut ein wunderbarer Tag mit vielen Eindrücken, die wir überaus genießen. Zwei Ausflugsboote passieren uns, dann geht unsere Fahrt weiter und wir erreichen jenen von wuchtigen Platanen gesäumten Abschnitt des Kanals. Eine weitere Schleusung steht noch auf dem Programm, ehe sich eine friedvolle Abendstimmung über die Landschaft legt und wir außerhalb von Adge für die kommende Nacht anlegen und die nächtlich beleuchtete Stadt in einem ersten kurzen Rundgang erkunden, ehe wir uns zur Ruhe begeben.
27. September: Heute widmen wir uns der Besichtigung des Städtchens Adge, welches seinen Namen der griechischen Glücksgöttin Agathe Tyche verdankt. Die Gründung durch griechische Seefahrer geht auf das Ende des 10. Jhs zurück. Aus Lavastein gebaut, vermitteln die Häuser einen eher düsteren, teils verlassenen Eindruck, welcher so gar nicht mediterran wirkt. Wir wandeln durch die Altstadt mit Ihren verwinkelten Gassen und Bürgerhäusern und statten der Kathedrale St. Etienne mit 35 m hohem Turm aus dem 12. Jh. einen Besuch ab. An den Ufern des Hérault entspannen wir in einem netten kleinen Restaurant bei Kaffee und Kuchen und blicken über das Wasser. Danach setzen wir unsere Hausbootfahrt am Canal du Midi fort, flankiert von wuchtigen Platanenbäumen, während wir ein Aquädukt und zahlreiche Hausboote entlang der Strecke passieren. An den Ufern erstrecken sich grüne Wiesen, lila Lavendelfelder und wiederum sind weiße Pferde unsere Begleiter.
Am Nachmittag erreichen wir schließlich Port Cassafières, unseren geplanten Endpunkt der Reise. Da wir jedoch so gar nicht aufhören wollen und die beschauliche Stimmung an Bord und in der Stille der Natur sehr genießen, fahren wir noch ein Stückchen weiter entlang des Kanals Richtung Villeneuve-les-Béziers. Die Ufer säumen Spazier- und Radwege, Weinfelder und grüne Wiesen. Ein beschaulicher, stimmungsvoller Ausklang der Reise, schließlich wendet CONSUL 20 wieder Richtung Port Cassafières und wir speisen ein letztes Mal am Ufer des Kanals unter einer ausladenden Platane zu Abend. Eine Nächtigung am Boot in der „le boat“-Basis inmitten einer Schar ebenfalls zurückkehrender Hausbooturlauber steht noch auf dem Programm.
28. September: Heute ist Bootübergabe, ein wenig wehmütig räumen wir unsere Kabinen und machen uns ans Packen. Da der Transfer zum Flughafen von Montpellier erst nach Mittag vorgesehen ist, verschlägt es uns vier nochmals zu Fuß durch Wiesen und Lavendelfelder Richtung Meer, wo wir ein letztes Mal eine milde Brise mediterraner Luft atmen, Muscheln sammeln und die Beine ins Wasser strecken. Vorbei an vereinzelten Eseln sowie den obligatorischen weißen Pferden am Straßenrand geht es dann zurück zur Basis, wo schon unser Transfer wartet und uns nach Montpellier chauffiert. Um 16 Uhr 50 startet unser Rückflug Richtung Paris, von wo aus wir spätabends nach Wien zurückkehren.
Unser erster Hausbooturlaub hat unsere Erwartungen bei weitem erfüllt. Merveilleux!
Regina und Gerald – merci beaucoup – vielen Dank – für die wunderbaren Tage in der Ferne.
Diese gewisse Leichtigkeit des Lebens unter südfranzösischer Sonne, die zahlreichen Eindrücke und
Erlebnisse, wir haben sie zusammen mit Euch sehr genossen. Es hat einfach alles gepasst: am Hausboot, das leibliche Wohl, etwas Kultur, idyllische Natur und jede Menge Spaß! Wir hatten eine unvergessliche Zeit zu Wasser und zu Lande und freuen uns schon Euch wieder an Bord begrüßen zu können, wenn es das nächste Mal heißt: Leinen los …