Mit Öffis unterwegs in Tokyo

Alle fahren mit Öffis in Japan, also warum nicht auch wir Langnasen? Es funktioniert eigentlich recht gut, sobald man das System einmal durchschaut hat. Ein paar Erfahrung meiner Reisen:

Selbst große Distanzen in Tokyo sind mit Metro und JR (Japan Railways; in Tokyo die meist erhöht verlaufende S-Bahn) sehr schnell zurückgelegt, und durch die sehr langen Zugsgarnituren und die kurzen Intervalle ist der Transport der täglichen Menschenmassen sehr gut gelöst. Zur Rushhour konnte ich einmal sogar in einer Metrostation links noch das Rücklicht des wegfahrenden Zuges sehen und von rechts war bereits der nächste Zug am Einfahren!

Anstatt Liniennummern haben Metro- und JR-Linien Namen und eine Farbe (wie z.B. die hellgrüne JR Yamanote Linie, die orange JR Chūō-Linie oder die gelbe Ginza Metro). Die Metrostationen sind mit dem Anfangsbuchstaben der Linie und fortlaufender Nummer gekennzeichnet, also auch für Touristen einfach verständlich (wie z.B. die Station G19, Asakusa der gelben Ginza Metro; beim JR Bahnhof Asakusa). Damit es nicht zu einfach wird, gibt es neben Tokio Metro und JR noch ein paar private Linien, die jedoch mittels zu lösendem Transfertickets mitbenutzbar sind.

Bei meiner ersten Reise nach Japan 1989 gab es in den Bahnhöfen noch die uniformierte Bahnbedienstete als ‚Fahrscheinentwerter‘ mit Lochzangen. In den größeren Bahnhöfen sind dann schon mal bei jedem Abgang zehn Kontrollore nebeneinander gestanden, um die Fahrscheine in der Rushhour zu entwerten. Die Lochzange wurde zwischen den Entwertungen immer leer angeschlagen, und zwar von allen Kontrolloren im Takt – der Lärm war über den ganzen Bahnhof hörbar. Heute läuft es mit kontaktlosem Zahlen oder Tickets wesentlich leiser ab. Bei längerem Aufenthalt bieten sich aufladbare SUICA- oder Pasmo-Cards zum Bezahlen von JR, Metro und Bussen an, und mit der eWallet-Funktion in Zügen und Bahnhofs-Geschäften auch vieles andere.

Hat man es einmal durchschaut, ist das Ticketsystem in Japan recht einfach. In jeder Station gibt es eine große Wandkarte mit allen Linien, Stationen und dem roten ‚You are here’–Zeichen. Für jede Zielstation ist der Betrag für die Fahrt dorthin angeschrieben, für welchen das Ticket gelöst werden muss. Sollten die Stationsnamen nur in Japanisch angeschrieben sein (dies kommt bei kleineren Stationen oder außerhalb von Tokyo schon mal vor), hilft man sich mit den Schnittpunkten der einzelnen unterschiedlich farbigen Linien im Vergleich zum englischen Netzplan, den man immer einstecken haben sollte. Eine gute Orientierungshilfe. Falls einmal zu wenig bezahlt wurde, auch kein Problem; beim Verlassen des Bahnhofs muss ja das Ticket wieder durchgezogen werden und dann tütet es, die Schranke bleibt zu und man geht zum ‚Fair Adjustment‘ Automaten um den fehlenden Betrag einfach nachzuzahlen.

Wie kommt man schnell zum Ziele? Auf den meisten JR Linien fahren auf der gleichen Stecke ‚Local‘ (haltet bei jeder Station) und ‚Limited Express‘ (fährt bei kleineren Station durch), manchmal auch ‚Express‘-Züge. Für längere Distanzen empfiehlt sich die Wahl eines Limited Express oder Express, welcher bei vielen Stationen durchfährt. Hält in der Zielstation nur der Local Train, ist es schneller, erst kurz davor vom Limited Express auf einen Local Train umzusteigen.

Der richtige Ausgang? Ein ganz wichtiger Punkt, sowohl beim Ausmachen von Treffpunkten als auch beim Verlassen eines Bahnhofs. Bei größeren Bahnhöfen kann man sonst schon mal einige hundert Meter falsch oder sogar auf der falschen Seite herrauskommen. Das ist mir einmal passiert bei einer unter einem Fluss gelegener Metro-Station – mein Hotel war auf der anderen Seite und eine Brücke weit entfernt. Also wieder hinunter und unter dem Fluss durchgehen. Kundige vereinbaren einen Treffpunkt also mit Stationsnamen und Ausgangsnummer, z.B. Yoyogi Station, North Exit oder Ueno Station Exit 9.

Zumindest einmal sollte man in der morgendlichen Stoßzeit mit JR und Metro gefahren sein. Die ‚Pusher‘ – es gibt sie wirklich. Verkehren Metrozüge in einem Intervall von 60 Sekunden (!), darf sich die Abfahrt aus der Station keinesfalls verzögern. Daher drücken Pusher die Fahrgäste im Türbereich nach innen, damit die Türen schließen können. Einmal konnte ich sogar beobachten, wie einem Fahrgast noch schnell die Krawatte beim schließenden Türspalt hineingedrückt wurde.

Tipp für Tokyo: Die hellgrüne JR Yamanote Linie ist meine Empfehlung für einen ersten Eindruck. Die 35 km lange Ringlinie fährt die 30 Stationen in gut einer Stunde ab, da kann nicht viel schiefgehen, und viele der interessanten Ziele liegen direkt an der Yamanote Linie – Shibuya, Yoyogi, Shinjuku, Ueno, Akihabara, Toyko Station.

Hat man das japanische Metro- & S-Bahnsystem durchschaut, findet man sich auch sonst im asiatischen Raum gut zurecht, wie ich aus eigener Erfahrung mit Metros in Shanghai und Singapur erfahren habe.


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