Segeln in den Westlichen Kykladen

Auf den Spuren früherer Kykladen-Törns. Von Lavrio nach Kythnos mit seinen Thermalquellen, Serifnos in eine ruhige Ankerbucht, Syros und nach Kéa zum Steinernen Löwen. Übernachtung vor Anker in der Sunion Bucht und Besuch des Poseidon-Tempers beenden die Woche

Sounion

Schiff: Sun Odyssey 449 ‘Gaia‘

Crew: Skipper Chris, Regina & Gerald, Anna & Udo

Route: Lavrio – Sounion – Loutra, Kythnos – Koutalas, Serifos – Finikou, Syros – Vouraki, Kéa – Sounion – Lavrio – 150 Seemeilen

Samstag, Es geht wieder einmal nach Griechenland – für mich seit meinem ersten Besuch 1978 der Inbegriff südlichen Urlaubsflairs. Ich bin Anfang September mit meinen lieben Freunden Regina, Gerald, Anna und Udo, meiner Crew für diesen Törn, an Bord des AUA Fliegers nach Athen.

Selbst zwei Stunden Verspätung wegen eines Gewitters in Wien Schwechat können uns unsere Vorfreude auf den Törn nicht verderben. Leider haben wir den kleinen Hinweis am Ticket ‚Meal: Snack‘ übersehen und keinen Proviant mitgenommen – was uns am Rückflug sicherlich nicht nochmals passieren wird. Hungrig stürzen wir uns auf das angebotene Kinderpackerl Soletti und die kalten Getränke.

Von Lavrio in die Sounion Bucht

Heuer haben wir Lavrio als Ausgangspunkt unseres Törns gewählt, eine Hafenstadt in der Region Attika direkt an der Küste der Ägäis. Lavrio ist bequem vom Flughafen zu erreichen und man kann die Kykladeninseln direkt ansteuern, ohne erst den Saronischen Golf queren zu müssen. Nach 20 Minuten Transfer erreichen wir die sehr gut organisierte Charterbasis, wo wir von Kiki empfangen und mit Erfrischungen versorgt werden. Ich erledige mit ihr schnell den administrativen Teil und Marko instruiert mich und Co-Skipper Gerald und erklärt uns unser Schiff, während sich der Rest der Crew zum Supermarkt aufmacht, um Vorräte für die Woche zu bunkern. Unser Schiff für diesen Törn, die ‚GAIA‘, eine neue Sun Odyssey 449 im ersten Charterjahr ist top ausgestattet, alles brandneu – das beste Schiff, das ich jemals gechartert habe. Es ist zufällig auch das gleiche Modell wie im Vorjahr auf den Sporaden, womit uns sofort vieles vertraut ist. 

Auf dringende Empfehlung der Basis laufen wir noch am Abend aus, um der Musikbeschallung des Cafés vis-a-vis von Mitternacht bis fünf Uhr früh zu entgehen. Also schnell die soweit eingekauften Vorräte verstauen und auf in die Ankerbucht beim Kap Sounion. Unter Maschine sind es 45 Minuten dorthin und wir erreichen unser Ziel knapp nach Sonnenuntergang. Die Bucht ist bereits recht voll von Ankerliegern, böiger Wind bläst über den Bergsattel in die Bucht und wir geben unserem Anker daher recht viel Kette, jedoch drückt es uns zu knapp an ein ebenfalls ankerndes Ausflugsboot. Beim Versuch, den Anker nochmals aufzuholen, stellen wir fest, dass sich der Anker am Grund irgendwo verhängt haben muss – keine Chance den Anker zu bergen. Freundlicherweise verlegt sich der Gulet-Skipper etwas, damit wir Platz haben.

Der festsitzende Anker hat auch etwas Gutes, zumindest liegen wir felsenfest für diese Nacht. Nach dem langen Tag und der Action hat dann keiner mehr Lust mit dem Dinghi an Land zu fahren und wir verköstigen uns mit unseren Vorräten. Somit habe ich gleich in der ersten Nacht Gelegenheit, die neue Ankeralarm-App zu testen. Peilung zum Anker NNE eingegeben, Wassertiefe 7m, 40m Kette, max. Schwoibereich und mein Telefon darf Ankerwache schieben.

Wetterbericht für Kythnos 0600 N 4 max. 5, 1200 N 4 max. 5, 1800 N 4 max. 5

Sonntag: Morgensport ist angesagt, meine frühere Taucherfahrung macht sich bezahlt. Unser Anker liegt auf 7 m unter einer alten Eisenkonstruktion ähnlich einer alten Schiffsbrücke derart verkeilt, dass er nicht mit der Hand bewegt werden kann. Ich muss mehrmals abtauchen, um eine 30 m Leine am Ankerauge anzubringen und wir versuchen unter Maschine den Anker rückwärts unter der Konstruktion herauszuziehen, was nach einiger Zeit gelingt.

Auf zu den Kykladen – Kythnos

Danach wird gefrühstückt und wir laufen Richtung Loutra auf der Kykladeninsel Kythnos aus. Die Inseln der Kykladen in der südlichen Ägäis wurden in der Antike als Kreis um das heilige Eiland Delos betrachtet, woraus die Bezeichnung Kykladen (‚Ringinseln‘, κύκλος) entstand. Kythnos bildet zusammen mit Kea, Serifos und Sifnos die Westlichen Kykladen. Die bekannteste Kykladeninsel ist wohl Santorin, die Südlichste.

Unser Tagesziel auf Kythnos ist das an der Nordostküste gelegene Heilbad Loutra (Λουτρά) in der gleichnamigen Bucht Ormos Loutron (Όρμος Λουτρών). Es ist ein wunderbarer Segeltag, bei halbem Wind 15 kn gleiten wir mit 7,2 kn durchs Wasser, bis wir auf halbem Weg zur Südspitze Keas die Segel bergen und die letzte Etappe unter Maschine fahren, um unser Ziel nach den morgendlichen Aktionen durch notwendiges Aufkreuzen nicht zu spät zu erreichen. Es war eine gute Entscheidung, wir ergattern den letzten Liegeplatz am Molenkopf zur Außenseite – welch unterschied zu meinem letzten Besuch vor 11 Jahren, als weniger als ein Dutzend Segler hier übernachtet haben.

Endlich am zweiten Tag unser erstes griechisches Essen an Land, gefolgt von einem abendlichen Spaziergang zu der Thermalquelle, die hier ins Hafenbecken läuft. Ein Entspannungsbad in 40° heißem Thermalwasser in einem kleinen flachen Steinpool direkt am Ufer. Am Rückweg machen wir noch Halt auf meinen geliebten Kafé ellinikó métrio, einen halbsüßen griechischen Kaffee, und ein Gläschen Ouzo darf auch nicht fehlen. Das Café gefällt uns, wir beschließen morgen früh hier zu frühstücken.

Nur ganz leicht klingt die Musik der Lokale auf der anderen Hafenseite zu uns hinüber – angenehme Nachtruhe für uns um Mitternacht.

Wetterbericht für Serifos 0600 N4 max. 5, 12 00 N 4 max. 5, 1800 N 5, max. 6, 0000 NW 3 

Montag um 8 Uhr wage ich einen ersten vorsichtigen Blick aus meiner Kabine, es ist noch alles ruhig an Bord. Ich stehe dann um ½ 9 auf, bald gefolgt von Anna, die Tee und Kaffee zubereitet. Schön langsam setzt auch auf den anderen Booten rundherum Leben ein. Wie geplant frühstücken wir heute an Land leckere gefüllte Omelett.

Serifos – die Insel der Medusa

Knapp nach dem Auslaufen entwischt uns ein Kugelfender, den wir im Zuge einer spontan angesetzten Boje-über-Bord Übung trotz Wind und Wellen elegant bergen. Nach anfänglich recht rauer achterlicher See lassen wir uns von der Genua mit 7,5 kn entlang der Ostküste von Kythnos Richtung Serifos (Σέριφος) ziehen. Ein wunderschönes entspanntes Segeln, nur wenige andere Segler sind zu sehen, auch fast keine Großschiffe. Kein Wunder, später lese ich in den Nachrichten, dass die Griechischen Fährleute seit zwei Tagen streiken, Urlauber sitzen auf ihren Inseln fest. Gut, dass wir auf eigenem Kiel unterwegs sind.

Kurz vor 5 Uhr empfängt uns unser Tagesziel, Ormos (Bucht) Koutalas (Κουταλάς) auf der Südseite von Nisos (Insel) Serifos, eine idyllische ruhige Bucht mit zwei Badestränden. Wir steuern direkt eine breite Position zwischen zwei ankernden Seglern an, unser Anker fällt auf 5 m Sandgrund, 40 m Kette heraus, eindampfen, Anker hält. Sicher ist sicher, bei Meltemi gibt es hier Fallböen über den Bergrücken. Unser Wetterbericht zeigt aber eine ruhige Nacht, N-licher Wind 2, max. 3 im Laufe der Nacht W-lich drehend und auf 1, max. 2 abnehmend. Als Skipper schnorchle ich trotzdem noch schnell zum Anker vor – er liegt gut im Sand eingegraben. Wir genehmigen uns einen kleinen Ouzo auf diesen tollen Tag und gehen in 26° warmem kristallklaren Wasser schwimmen. 

Später Ausfahrt mit dem Dinghi zu einer angeblichen Taverne. Erst macht der Außenborder Macken und stirbt gleich wieder ab, Gerald findet bald die Ursache heraus – bei geöffnetem Benzinhahn läuft der Außenborder wesentlich besser. Leider können wir keine Ufertaverne ausmachen, nur private Wochenendhäuser, wir beschließen an Bord Abend zu essen und bereiten uns ganz leckeren griechischen Salat und Omelett zu. Als wir dann mit dem Feldstecher doch noch die Taverne etwas oberhalb der Bucht, irgendwie über eine Schotterstraße zu erreichen, entdecken, haben alle Hunger auf unser vorbereitetes Essen und keine Lust auf Expeditionen.

Als es dunkel wird, eröffnet sich uns ein klarer Sternenhimmel wie man ihn selten sieht, wir können sogar die Blinklichter hochfliegender Flugzeuge ausmachen. Es ist komplett windstill bei spiegelglatte See, ich beschließe spontan an Deck zu schlafen. Irgendwann in der Nacht wandere ich doch wieder hinunter in meine Kabine, die schmale und für mich zu kurze Sitzbank ist doch etwas unbequem.

Wetterbericht für Syros 0600 NW 2, 1200 N 2, 1800 NNE 2, max. 3

Es ist Dienstag, 9 Uhr, außer mir schlafen noch alle – eine gute Gelegenheit das Logbuch zu ergänzen und unsere Erlebnisse im Törnbericht festzuhalten. Danach ist Zeit die Morgenruhe zu beenden, schließlich liegen heute 30 sm nach Syros vor uns. Teewasser aufsetzen, griechischen Kaffee aufkochen und die Crew erwacht. Heute gibt es Skippers Spezialomelett mit viel Petersilie, diesmal auch mit etwas Schafkäsestücken verfeinert und Regina fabriziert ein leckeres Joghurt mit Früchten und Honig.

Syros – Tradition trifft auf Moderne

Wieder ist uns ein toller Seetag vergönnt, entgegen aller Prognosen sogar mit zwei recht schönen Segelstrecken. Wir lassen uns entlang der S-Küste von Serifos von unserer Genua ziehen und nehmen dann mit Blick auf die Ostküste Serifos Kurs auf Syros. Es eröffnet sich ein wunderbarer Blick auf die Chóra von Serifos, die sich malerisch entlang eines Bergrückens schmiegt. Später, als wir Serifos passiert haben, werden bei 14 kn halbem Wind Groß und Genua ausgerollt und wir segeln die halbe Strecke mit 6,5 kn Syros entgegen, bevor wir die Segel bergen und unsere Maschine die restliche Arbeit machen lassen. Unterwegs quert uns ein Motorboot in Gleitfahrt und stehender Peilung. Schnell drehen wir ab, fahren einen kleinen Kreis und das Motorboot passiert uns knapp. Niemand am Steuerstand zu sehen, das Heck ist geschlossen, die Crew macht wohl gerade Mittagspause.

Unser heutiges Ziel, Syros (Σύρος) ist fast in der Mitte der Kykladen gelegen, Verwaltungszentrum der südlichen Ägäis und mit 25.000 Einwohnern gleichzeitig die bevölkerungsreichste Kykladeninsel. Wir legen in der Bucht Phoinika / Finikas außen an der Mole der kleinen Marina an. Als ich später die vielen Ankerlieger östlich in der Bucht sehe, beschließe ich es das nächstes Mal ebenso zu machen – Ankerliegen ist einfach schöner als Mole. Nach einem Campari Orange in der Marinabar geht es auf zum Supermarkt, unsere Vorräte auffüllen. Bei dieser Gelegenheit checken wir gleich die Tavernen am Weg mittels bewährtem Bierpreisindikator (3-5€ für ein großes Bier) und nach Sichtung des Speisenangebotes wird eine nette Taverne mit Terrasse am Wasser ausgewählt und ein Tisch reserviert. Eine gute Wahl, wie sich später beim Essen herausstellt, fast alle anderen Gäste sind Griechen. Als Vorspeisen Tsatsiki mit frischen Kartoffelteig-Weckerln, Anna bestellt einen Traum von mit Zwiebel und Honig geschmortem Oktopus auf Fava Linsenpüree, und als Hauptspeise nehme ich die Tagesempfehlung Moussaka, einzeln in kleinen Formen zubereitet,  Gerald frittierte Kalamari und Regina eine tolle warme Gemüseplatte. Erstmals erleben wir, dass Flaschenbier mit 3€ billiger ist als offenes Bier; zum Moussaka wählen wir dann rosé Hauswein und später noch griechischen Kaffee. Das Ganze um wohlfeile 81€ für uns Fünf!

Ausklang an Bord, wobei wir den dauernd plätschernden Wasserablauf des Ami-Seglers nebenan und die knarrende Heckleine mit griechischer Bordmusik übertönen.

Wetterbericht für Kéa 0600 WNW 3, 1200 NNE 2, 1800 ENE 2, max. 3, 2100 NE 1, max. 2

Mittwoch: Es wird schon zur Gewohnheit, dass ich bekennender Langschläfer um ¾ 9 als erster auf bin. Regina geht laufen, ich mache Tee. Um ¼ 10 kommt dann langsam Leben an Bord, unser geplantes Auslaufen um ½ 11 scheint etwas zu optimistisch für den 30 sm Schlag nach Kéa, letztlich schaffen wir 11 Uhr, aber wir sind ja schließlich auf Urlaub.

Bei einem Kurs von 300° und 4 Bft Wind aus NNO würde Segelsetzen nur zwecklose Beschäftigungstherapie für die Crew sein. Heute haben Captain Diesel und Rudergänger Autopilot Dienst, wir machen es uns im Cockpit gemütlich und beschränken uns auf Ausguck. Unterwegs gibt es auf Höhe Nisos Gyoros einen kleinen Mittagsimbiss im Cockpit, später quert uns ein recht flott fahrender Frachter, der freundlicherweise in einem kleinen Bogen ausweicht. Auf der Nordseite von Kea entdecken wir im Vorbeifahren eine tiefe Ankerbucht mit, laut Seekarte, einer Taverne. Sicherlich ein schöner neuer Ankerplatz bei einem künftigen Törn – wenn kein N-licher Wind bläst.

Kéa – das wilde Paradies der Kykladen

Wir fahren jedoch weiter, da ich ja heute plane, meinen Freunden den Steinernen Löwen und das Bergstädtchen Ioulís, die Chóra von Kéa, zu zeigen. Kurz nach vier Uhr laufen wir in die Bucht Ayios Nikoláov auf Kéa ein, diesmal jedoch nicht neben dem Fährpier, sondern in die nordöstlichere Bucht Vourkári. Hier gibt es einige Plätze an der Mole unmittelbar vor kleinen Tavernen. Wir entschließen uns jedoch, in der Bucht zu ankern. Es sind ausreichend Plätze vorhanden und guter Ankergrund auf 12 m Tiefe. Ausreichend Kette gesteckt, Maschine aus, unser längster Tagesschlag mit 35 sm ist zu Ende – eine gute Gelegenheit für ein Gläschen von Reginas neuem Spezial Sundowner, Weißwein mit Orangensaft, mit etwas Ouzo verbrämt. Lecker.

Wir machen uns landfein und Gondoliere Gerald rudert uns stilvoll an Land, wo wir mit Taxis zur Chóra hinauffahren. Ioulís, die einzige der vier antiken Städte von Kea, die im Inland erbaut wurde, schmiegt sich malerisch an den Berghang. Durch liebliche alte Gässchen flanieren wir durch das Städtchen. Es gibt ein Netz von ausgeschilderten Wanderwegen über die Berge nach Spathi und weitere Routen, die einen guten Grund für einen künftigen Wanderurlaub auf dieser wasserreichen Insel geben. Zahlreiche Lokale, die Frühstück anbieten, zeugen von einigen Inseltouristen. Am Ortsende wandern wir, an einer Kapelle vorbei, weiter zum Steinernen Löwen, der bedeutendsten Sehenswürdigkeit Kéas, und genießen dabei die abendliche Aussicht über die Chóra, das Meer und bis zum Festland. Der Löwe von Ioulís ist eine im Jahr 600 v. Chr. aus Stein gemeißelte sechs Meter lange und drei Meter breite Figur eines ruhenden Löwen. Er wurde angeblich geformt, um die Nymphen abzuwehren, welche die Männer von Kéa für sich haben wollten.

Danach, zurück zum Hauptplatz, entdecke ich die Taverne, in der wir schon beim ersten Besuch vor elf Jahren sehr gut gegessen haben. Der liebe alte Wirt von damals ist bereits im wohlverdienten Ruhestand, die Taverne hat jedoch glücklicherweise ihren Charme beibehalten. Wir sitzen am Hauptplatz unter Bäumen mit Ausblick weit hinunter auf die Küste und das Meer und genießen verschiedene Vorspeisen, Tzatziki, Oktopussalat, gedünstete Fisolen mit Bier und Hauswein. Anno und Udo legen noch eine Portion Lammripperl nach. Wieder ein sehr feines und kostengünstiges griechisches Abendessen. Mit Taxis geht es wieder hinunter und Gerald rudert uns formvollendet zu unserem Schiff. Gemütlicher Ausklang an Bord, Nachtruhe für die Letzten, Anna, Udo und mich, um ½ 2.

Wetterbericht für Sounion 0600 NW 3, max. 4, 0900 NNW 3, max. 4, 1200 NNW 2, max. 3, 1800 SE 3

Donnerstag: Nach ruhiger Nacht, entgegen Vorhersage erfreulicherweise windstill, ist es in der Früh lange ruhig an Bord. Regina wird von ihrem persönlichen Gondoliere Gerald für ihren Morgenlauf an Land gerudert. Wir haben heute keine Eile, schließlich beträgt unsere Tagesetappe nur 16 sm, so wird es Mittag, bis wir das Schiff zum Auslaufen klariert haben. Anker auf und eine gemütliche Überfahrt zum Kap Sounion (Άκρον Σούνιον), wo wir unsere letzte Nacht auf See verbringen werden. Wir passieren Nisos Makronisos südlich, steuern das Kap Sounion mit dem weithin sichtbaren Poseidontempel an und ankern wieder in der Bucht. 

Poseidon-Tempel am Kap Sounion

Es ist bei Weitem nicht so voll wie in der ersten Nacht, wir können einen schönen Ankerplatz wählen. Anker ab, gut Kette stecken, Anker eindampfen – diesmal auf Sandgrund und nicht wieder verfangen in einer Stahlkonstruktion wie in der ersten Nacht. Vollentspannt wie wir sind, bemerken wir erst im letzten Augenblick, dass wir vergessen haben unser als Stützsegel dienendes Groß zu bergen. Während Gerald am Steuer steht, rolle ich es bei Leichtwind schnell weg. Anna hat unterwegs Tzatziki vorbereitet, welches wir uns nun in der Bucht vor Anker mit Blick auf den Poseidontempel gut schmecken lassen. Nach kurzer Siesta und Schwimmen machen wir uns landfein und fahren mit dem Dinghi an Land, um zum Poseidontempel hinaufzuwandern.

Die Überreste des 440 v. Chr. erbauten antiken Marmortempels des Meeresgottes Poseidon am Kap Sounion, der südlichsten Spitze Attikas, waren eine Stätte, an der Seeleute die Gunst des Meergotts für eine Reise erbitten konnten. Die großen Touristenschwärme sind bereits abgezogen und wir genießen den Ausblick auf die hinter dem Saronischen Golf untergehende Sonne mit sehr stimmungsvollen Fotomotiven in der Abenddämmerung und dem warmen Abendlicht. Die alten Griechen kannten schon damals die besten Plätze mit rundum Ausblick auf die vorgelagerten Inseln und in den Golf. Kurz nachdem die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, verlassen wir diesen magischen Platz und suchen die Strandtaverne in der Bucht auf, wo wir zuvor vorsorglich einen Tisch reserviert haben. Wieder einmal eine gute Wahl, viele Einheimische Gäste und ein paar Segler.

Wir genießen authentische griechische Küche, wie sie sein soll. Anchovis sind leider aus, die alternativ empfohlenen geräucherten Fischstücke jedoch ein Traum, ebenso Annas gegrillte Oktopusstücke, dazu Oliven, Tsatsiki und Alfa Bier. Gefolgt von zwei Portionen der Gavros genannten kleinen frittierten Fischchen und griechischen Pommes für uns alle zum Knabbern, Rosé Wein und griechischen Kaffee zum Abschluss. Das ganze leckere Essen wieder zu einem sehr erfreulichen Rechnungsbetrag, sowie einen großen Teller Weintrauben vom Haus.  Nicht zu vergessen die tolle spontane Tanzeinlage von Regina und Gerald, als Musikanten vorbeikommen und in der Taverne aufspielen. 

Zurück an Bord lassen wir den Tag draußen sitzend langsam ausklingen und genießen die Stimmung und in der Dunkelheit den Blick auf den beleuchteten Poseidontempel bis weit nach Mitternacht. Diesmal machen es sich Anna und Udo als Deckschläfer im Cockpit bequem.

Wetterbericht Lavrio 1200 W 2, 1800 SWS 3, 2100 S 3

Freitag: Es ist eine recht ereignislose Nacht vor Anker, lediglich der in die nach Süden offenen Bucht hineinstehende Schwell macht das Schlafen zeitweise etwas wackelig und irgendetwas klappert immer… 

Ich stehe, wieder einmal als erster um ½ 10 auf. Teewasser aufsetzen und die Skipper-Bürotätigkeiten erledigen, Wetterbericht, Logbuch, Reisebericht, bis nach zehn Uhr meine Crew die ersten Regungen zeigt. Wir haben ja heute einen entspannten Tag in der Bucht geplant, bis wir um drei Uhr die letzten 6 sm zurück zur Basis in Lavrio fahren werden. Insgesamt haben wir bei diesem Törn knapp 150 Seemeilen zurückgelegt, davon einen nennenswerten Teil unter Segel.

Nach Frühstück und Morgenschwimmen fahren wir nochmal Mal an Land, um in der Taverne von gestern Abend noch einen Kaffee zu trinken. Es wird auch ein Gläschen Ouzo und als die Musikanten von gestern Abend wieder vorbeischauen, gibt es für Gerald kein Halten und Regina wird gleich wieder zu einem Tänzchen aufgefordert. Die Stimmung ist so toll, wir könnten noch den ganzen Tag hierbleiben, jedoch müssen wir uns leider auf den Heimweg zur Basis machen um das Schiff zurückzugeben.

Rückfahrt nach Lavrio

Wir sind eine brave Crew, die vernünftig mit dem Wasser an Bord umgeht. Erst Donnerstag früh haben wir unseren ersten Wassertank aufgebraucht und auf Tank zwei umgeschalten, nach Basisinfo zwei 250 Liter Tanks. Also noch ausreichen Wasser an Bord für die restlichen zwei Tage – dachten wir zumindest. Bereits am Abend zeigt Tank 2 nur mehr halbvoll an und Freitag früh 1/4. Entweder der zweite Tank ist doch kleiner, oder die Tankanzeige ist falsch, aber das stresst uns auch nicht mehr, mit etwas Einteilung gibt es auch am letzten Tag keine Wasserknappheit.

Zeitgerecht erreichen wir Lavrio und werden vom Charter-Team empfangen. Die Rückübergabe der „Gaia“, die für diese Woche unser liebgewonnenes Zuhause war, verläuft ebenso unkompliziert und professionell wie die Übernahme. Die Wassertanks werden nachgefüllt – die Wasserknappheit ist beendet, ein letztes Mal landfein machen und Abendessen gehen. Unsere Vorräte hatten wir sehr gut geplant, die wenigen übrigen Sachen werden aufgeteilt oder für die Putztruppe dagelassen.

Für Regina und Gerald geht das Segeln noch weiter, sie fliegen morgen zeitig früh nach Kalymnos, um auf Pauls Schiff noch den Dodekanes zu erkunden. Die letzte übrige Flasche Rotwein packe ich Regina und Gerald sorgsam als kollegiales Gastgeschenk für Skipper Paul ein.

Naja, es wird dann doch eine recht laute Nacht, das Ufercafé direkt gegenüber dreht ab Mitternacht die Musik immer lauter und lauter, bis dann um fünf in der Früh, als Regina und Gerald schon wieder aufstehen, endlich Ruhe ist. Zumindest wird mir das berichtet, ich hatte das Glück, noch vor Mitternacht einzuschlafen…

Samstag: Auch Anna, Udo und ich verlassen das Schiff um 9 Uhr, frühstücken gemütlich an Land und flanieren durch Lavrio, bis uns unser organisiertes Taxi um ½ 1 zum Airport bringt. Eingecheckt habe ich uns ja bereits online, worauf sich der Aufenthalt am Flughafen auf Gepäcksabgabe, Kaffee und Warten beschränkt. Die Maschine hebt pünktlich Richtung Wien ab – und wir packen an Bord unsere mitgebrachte Jause aus, diesmal wissen wir ja, was ‚Meal: Snack‘ am Ticket bedeutet:  nichts zu essen. ?

Dieser Törn, quasi auf den Spuren meines ersten Kykladen-Törns als Skipper vor elf Jahren, weckt viele Erinnerung an dieses traumhafte Segelrevier, kleine Häfen und liebliche Ankerbuchten.

Noch dazu mit so einer tollen Crew geht’s mir als Skipper einfach gut!


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